Lieber gut scheitern, als halbherzig gewinnen?

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Ein Business-Modell für Pauseroni? Der Golden Circle von Simon Sinek passt perfekt.

Pauseroni hat sich vor einiger Zeit für ein Mentoring-Programm beworben. Der Zweck: die Begleitung in die Selbstständigkeit. Von harten Learnings und Scheitern mit einem Lächeln.

Was für ein aufregender Jahresendspurt, dieses 2020. Im Oktober brachten Pat und ich unser Projekt „Radio Pauseroni“ zum ersten Mal konkret aufs Papier. Genauer: Auf ein Flipchart, dessen Inhalt ich der Truppe in meinem Karrierecoaching-Workshop präsentieren durfte. Wer hätte gedacht, dass ich die Pauseroni-Vision ausgerechnet im Rahmen dieses Coachings ausarbeiten würde – verordnet von der Agentur für Arbeit und durchgeführt von der Deutschen Angestellten Akademie (DAA). Aber genau so ist es, und ich erwähne das hier, weil ich jeder und jedem eventuelle Unlust und Scheuklappen vor einem solchen „Programm“ nehmen möchte.

Die positiven Vibes dieser Coaching-Gruppe, moderiert von einer Coachin mit viel Feingefühl, haben mich richtig auf Trapp gebracht. So kamen die Vision und Zielsetzungen von Radio Pauseroni zum ersten Mal in eine klare Form. Und die haben schließlich auch mit positiven Vibes zu tun.

Die Bewerbung – eine Reise zu uns selbst

Als ich unser Projekt, zuerst leicht widerwillig, vor der Gruppe präsentiere, bin ich einigermaßen überrascht, was da so aus mir heraussprudelt. Von dem Chaos in meinem Kopf mit den vielen Ideen und Formaten im Pauseroni-Universum, ist plötzlich keine Spur mehr. Ein Wort ergibt das nächste, ein Satz, ein Gedanke den nächsten. Alles passt einfach perfekt zusammen. Eine Einheit in der Vielfalt. Offenbar auch für meine Gruppe und die Coachin. Sie bestärken uns, das umzusetzen. Pat ist nicht minder begeistert, als ich ihm das Ganze nochmal euphorisch vortrage.

Kurz darauf hole ich die Infos zu dem Mentoring-Programm hervor, von dem ich vor kurzem erfahren habe. Es spricht mich sofort an, denn das, was sich die Stiftung namens „Kontist“ da ausgedacht hat, klingt nicht nach dem klassischen Mentoring-Programm mit Business-Plan etc., sondern eben einfach anders. Es geht um Leidenschaft fürs eigene Projekt, egal wie alt man ist, egal aus welcher Branche.

Nach dem erfolgreichen „Pitch“ bei der Coaching-Gruppe und mit der neu gewonnenen Klarheit im Kopf denke ich: Wir müssen das probieren. Pat ist nicht schwer zu überzeugen. Das „Wie“ gestaltet sich deutlich kniffliger. Ich kümmere mich um den Fragebogen, der uns nochmal ordentlich Gehirnschmalz abverlangt. Und dann gibt‘s dieses Bewerbungsvideo. Ich habe eine grobe Story im Kopf, aber keine Ahnung, ob das aufgehen kann und vor allem: Wie kommen wir zwei im Video rüber? Können wir das überhaupt?

Wir raufen uns zusammen

Die Zeit läuft, wir haben noch ca. 6 Tage bis zur Abgabe. Pat kommt zu mir, wir bauen und basteln an dem Video-Setup. Pat schmeißt das ganze Storyboard nochmal um, baut schon mal Kameras und Licht auf – er ist eben der Video-Profi. Ich begebe mich in die Maske. Dann geht’s los, in meinem Wohnzimmer, hinter uns das Flipchart mit unserem Modell, auf das wir sooooo stolz sind! Die ersten Takes verkacken wir komplett, zu langer Text, ich labere zu viel, und Pat fängt an zu zweifeln. Uäähh… die Stimmung ist nicht gerade motivierend. Doch wir reißen uns zusammen und erinnern uns daran, wofür wir das alles machen. Für uns, zu uns muss es passen. Und unseren Spaß wollen wir auch haben! Ein paar Takes, dann ist das Video im Kasten. Wir gucken probeweise rein und sehen: Hey, gar nicht so schlecht für unser allererstes gemeinsames Video! Approved!

In der Postproduktion stellt sich dann leider heraus, dass die Ansteckmikros doch nicht funktioniert haben, obwohl sie einen Pegel angezeigt hatten. Geschenkt, zum Glück versteht man uns auch so gut. Doch die finale Bearbeitung verlangt uns nochmal alles ab, inklusive Grundsatzdiskussionen wegen der Auswahl der Outtakes am Ende des Videos. Während ich versucht bin, möglichst wenig zu riskieren und fürchte, die Jury könnte uns nicht ernst genug nehmen, fühlt sich Pat genötigt, sich unangemessen anzupassen und seinen Lieblingspart aufgeben zu müssen!

Vielleicht ist das der wichtigste Moment der ganzen Bewerbungsphase. Der Moment, an dem wir an uns selbst scheitern können, weil wir uns uneinig sind, weil wir unsere eigenen Denkgrenzen nicht zu überwinden imstande sind – oder an dem wir über uns selbst hinauswachsen können und zu einer neuen Lösung finden, die mehr ist als nur ein Kompromiss.

Ja, diese letzte Phase ist wie ein Krimi für uns. Und wir erkennen: Hey krass, das, was wir die ganze Zeit predigen – über die eigenen Glaubensmuster und Ängste zu springen – müssen wir jetzt einmal mehr selbst beweisen! Es ist eine aufregende, heftige Diskussion am Telefon.

An einem Punkt beschließe ich, mich einzulassen: Was will Pat mir eigentlich sagen? Ich versuche, ihm zuzuhören, ohne gleich schon meine Gegenargumente gedanklich vor mir aufzutürmen. Anscheinend passiert auf der anderen Seite gerade dasselbe. Dann fällt der Vorhang.

Ich verstehe, dass Pat nicht einfach nur trotzig ist, für ihn sind die Outtakes mehr als nur ein netter Spaß. Ich höre auf, dagegen zu kämpfen und akzeptiere seine eigene Vorstellung, denn ich erkenne: Ich will nicht etwas für ein gemeinsames Projekt abgeben, hinter dem wir nicht beide stehen. Und Pat merkt, dass hinter meinem Ansinnen nicht bloßes Anbiedern steckt – man darf sich ruhig mit seiner Zielgruppe auseinandersetzen.

Lösung: Die Outtakes lassen wir drin, denn wir finden sie beide gut – dafür wählen wir andere aus, als in der ersten Version. Als wir am Tag vor der Abgabe den Fragebogen befüllen und den Senden-Button drücken – Freude und unendliche Erleichterung.

Pat und Pauseline beim Videodreh
Pat und Pause beim Videodreh: dieser Spaß war hart erkämpft.

Absage fürs Mentoring, aber nicht für uns – die Learnings

Zugegeben, ich selbst lege große Hoffnungen in das Mentoring-Programm, Pat ist hier eher gelassen. Während wir auf die erlösende Email des Kontist-Teams warten, blicke ich nochmal zurück auf diesen intensiven Prozess.

Ich fühle mich bestärkt und stolz für das, was wir geleistet haben. Es war mehr als nur eine Bewerbung. Eher sowas wie eine Bewährungsprobe. Ich merke, dass ich emotional losgelassen habe und den Wert unseres Projekts nicht mehr an dem Ja oder Nein zu unserer Bewerbung festmache. Als wir einen Monat später die Email mit der Absage bekommen, sind wir zusammen in meiner Wohnung. Ein kurzer Seufzer, dann lächeln wir uns an.

Unsere Learnings:

1. Die innere Erlaubnis, für unseren Traum einzustehen.

2. Die Freude über den eigenen Weg mit den vielen kleinen Schritten.

3. Zeit für Entwicklung.

4. Es darf auch Spaß machen!!

Der Prozess der Bewerbung allein, in dem wir uns mit uns selbst und unserem Vorhaben so intensiv auseinandergesetzt haben, war für uns extrem wertvoll, wenn nicht ein Schlüsselerlebnis. Denn wir haben noch einmal gemeinsam „JA“ zu Pauseroni gesagt und Zweifel beseitigt. Es war anstrengend, hat aber auch eine Menge Spaß gemacht. Die Freude über den Schritt an sich hat letztlich die leise Enttäuschung über das „Nein“ übermalt. Klar, ich denke immer noch, dass es eine tolle Sache gewesen wäre. Aber wer weiß das schon so genau.

Ich stresse mich nicht mehr übermäßig damit, dass das Projekt morgen auf der Straße sein muss. Eines der größten Learnings für uns ist, uns Geduld zuzugestehen und die einzelnen Schritte, die jeden Tag in diese Richtung passieren, bewusst wahrzunehmen und uns darüber zu freuen.

Fazit: Gut scheitern gefällt uns besser als halbherzig dabei sein.

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